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Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Schule

Aktualisiert: 1. Juli 2022


von Lisa Epp


EINE BILDUNG FÃœR ZUKUNFT

Schule hat das Ziel, Heranwachsende mit all den Dingen auszustatten, mit denen sie später ein selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft führen können und die sie in die Lage versetzen, sich in diese einzubringen und an ihr teilzuhaben. Die sich daraus ableitende zentrale Aufgabe ist, dass Schüler*innen lernen, verantwortungsvolle Entscheidungen mit Blick auf sich und andere zu treffen und sich mit der sie umgebenden Wirklichkeit kritisch auseinanderzusetzen, kurzum: sie zu selbstbewussten und verantwortungsvollen Individuen zu erziehen (vgl. SMK 2019, VIIf.).

Zu den globalen Herausforderungen unserer heutigen Gesellschaft, welche die zukünftigen Generationen vermutlich noch stärker betreffen werden, zählen u.a. die Klimaproblematik, der Verlust an Biodiversität sowie die Flucht von Menschen aus Krisen- und Kriegsgebieten. Die Fridays for Future Bewegung zeigt, dass ein Bewusstsein für diese Herausforderungen bei einer breiten Schüler*innenschaft bereits vorhanden ist. Sie stellt die Forderung nach einer Umgestaltung der Gesellschaft im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung (vgl. Haunss/Rucht/Sommer/Zajak 2019, S. 2).


In diesem Beitrag geht es darum, wie sich Schule dieser weltweiten, sozialen, ökologischen, ökonomischen und kulturellen Herausforderungen im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) annehmen kann. Dafür prüfen wir zunächst den Status quo einer BNE auf globaler, nationaler und sächsischer Ebene und schauen dann, wie eine solche Bildung umgesetzt werden könnte. Schließlich werden wir den Fokus auf Schulen mit Ganztagsangeboten lenken und aufzeigen, warum hier bereits gute Voraussetzungen für eine Einbindung von BNE vorliegen.

Das dem Beitrag zugrunde liegende Verständnis von nachhaltiger Entwicklung orientiert sich an dem der UNESCO: „Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn Menschen weltweit, gegenwärtig und in Zukunft, würdig leben und ihre Bedürfnisse und Talente unter Berücksichtigung planetarer Grenzen entfalten können.“ (Deutsche UNESCO-Kommission e.V. o.J.)


DER STATUS QUO

In den letzten Jahren hat sich einiges im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung ereignet. Einige wichtige Eckpfeiler der Entwicklung auf globaler, nationaler und sächsischer Ebene finden Sie in dieser Grafik:

Abb. 1: 3-Ebenen-Modell von BNE, eigene Darstellung nach Deutsche UNESCO-Kommission e.V. o.J. und Sächsisches Staatsministerium für Kultus 2018.


Die Grafik zeigt auf, wie grundlegende Entscheidungen aus dem Treffen der Vereinten Nationen 2015 im Rahmen des UNESCO-Weltaktionsprogramms BNE den Startschuss für weitere Entwicklungen und eine vorantreibende Institutionalisierung auf Bundes- und Landesebene bewirkt haben.


WELCHE KOMPETENZEN SOLLEN GEFÖRDERT WERDEN?

Eine Bildung für nachhaltige Entwicklung zielt darauf ab, dass Schüler*innen „zu zukunftsfähigem Denken und Handeln“ befähigt werden, damit jede*r Einzelne „die Auswirkungen des eigenen Tuns auf sich, das Umfeld und die Welt“ verstehen kann und so lernt, „verantwortungsvoll Entscheidungen zu treffen“ (SMK 2018, S. 3).

Die im Blick hierauf besonders relevanten Kompetenzen finden sich im Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung und sind in dieser Grafik visualisiert:

Abb. 2: Kompetenzen im Bereich einer BNE, eigene Darstellung nach Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)/ Engagement Global gGmbH/ Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) 2017.


Wie in der Grafik zu sehen ist, unterscheiden sich die Kompetenzen, die es bei einer BNE zu fördern gilt, stark von denen anderer, „klassischer“ Unterrichtsfächer. Sie zielen weniger auf den Erwerb eines konkreten Wissens ab, sondern legen den Fokus auf das Individuum, seine Einstellungen und Haltungen sowie seine Einbindung in Projekte.

UM WELCHE THEMEN GEHT ES?

Die Themen im Bereich einer Bildung für nachhaltige Entwicklung orientieren sich an den Zielen der SDGS (vgl. BMZ et. al. 2017, S. 9).


BNE-Themen vereinen die vier folgenden Aspekte: Sie…

Abb. 3: Themen im Bereich einer BNE, eigene Darstellung nach Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)/ Engagement Global gGmbH/ Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) 2017 und Hoffmann 2010, S. 45.


Mögliche Fragestellungen, an denen diese Themen expliziert werden könnten, sind:

  • Wie kann der Hunger weltweit bekämpft werden?

  • Welche globalen Mechanismen führen zu Konflikten, Terror und Flucht? (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission e.V. o.J.)


DARAUF GILT ES ZU ACHTEN

Wie kann in der Schule oder im Unterricht BNE erfolgreich umgesetzt werden?

Die Fragen, die eine BNE behandelt, sind so komplex und miteinander verbunden und die Ziele derart tiefgreifend, dass eine gute BNE eine inter- und transdisziplinäre Vermittlung erfordert. Aus diesem Grund wird BNE auch als Querschnittsthema und -aufgabe von Schule betrachtet:

Das bedeutet, dass eine BNE nicht nur ausgewählte Fächer wie die Naturwissenschaften, sondern auch die Sozial- und Geisteswissenschaften, kurz alle Fächer, betrifft und es auf eine fächerübergreifende Vermittlung ankommt. Auch bedeutet es, dass eine BNE Aufgabe der ganzen Schule ist und ganzheitlich im Schulalltag verankert werden sollte. Eine BNE erfordert also die verstärkte Kooperation zwischen Lehrer*innen verschiedener Fachgruppen.

Ihre Aufgabe als Lehrer*in besteht vor allem darin, das Thema mit den Inhalten Ihres Faches zu verknüpfen und sich mit Lehrer*innen anderer Fächer in Verbindung zu setzen, um eine fächerverbindende oder fachübergreifende Umsetzung zu ermöglichen (vgl. BMZ et. al. 2017, S. 10).

Eine Bildung für nachhaltige Entwicklung ist immer schüler*innenorientiert. Auch bei der Behandlung sehr komplexer Fragestellungen darf der Bezug zum/r einzelnen Schüler*in nie verloren gehen. Es kommt also auf eine möglichst problem- und schüler*innenorientierte Formulierung des Themas oder der Fragestellung an (vgl. ebd.). Hierfür können Ihnen folgende Fragestellungen bei der Vorbereitung Ihres Unterrichts helfen:

Abb. 4: Fragen einer BNE, eigene Darstellung


Achten Sie bei der Unterrichtsgestaltung darauf, die ausgewählten Themen zu Beginn so offen wie möglich zu lassen. So geben Sie Ihren Schüler*innen die Chance, diese mitzugestalten (vgl. ebd.).

Bedenken Sie auch, dass es bei einer guten Vermittlung nicht um den Erwerb eines rein faktenbasierten Wissens geht, sondern vielmehr handlungsbasierte Kompetenzen im Vordergrund stehen. Diese lassen sich z.B. in Planspielen, projektorientiertem Lernen oder an außerschulischen Lernorten erwerben. Letztere stellen im Kontext einer BNE eine ganz entscheidende Rolle dar. Eine Zusammenarbeit mit außerschulischen Partner*innen wie sozial-ökologischen Einrichtungen ist für die erfolgreiche Umsetzung einer BNE demnach besonders empfehlenswert.


BNE IN SCHULEN MIT GANZTAGSANGEBOTEN

Warum haben Schulen mit Ganztagsangeboten besonders gute Voraussetzungen für eine Einbindung von Bildung für nachhaltige Entwicklung?

Sie bieten an mindestens drei Tagen der Woche ein Ganztagsangebot an, das mit dem Unterricht verbunden ist. Anders als an Halbtagsschulen gibt es hier also ein Mehr an Zeit. Außerdem kann im Nachmittagsunterricht methodisch an die Inhalte aus dem Vormittag angeknüpft und diese vertieft werden. Zeitliche wie auch strukturelle Faktoren erleichtern hier also eine Einbindung von BNE. Ebenso besitzen Schulen mit Ganztagsangeboten, anders als die meisten Halbtagsschulen, ein ausgeprägtes pädagogisches Konzept. In diesem Konzept sollten bereits grundlegende Vereinbarungen in Bezug auf die Organisation von Lehren und Lernen, die Gestaltung der Angebote und das Konzept von Partizipation getroffen werden. Häufig gibt es auch eine verantwortliche Steuergruppe und somit direkte Ansprechpartner*innen für die Planung eigener Projekte (vgl. Höhmann et. al. 2006, S. 33f.).

Saskia Hoffmann zufolge bieten besonders drei Gestaltungselemente von Schulen mit Ganztagsangeboten ideale Anknüpfungsmöglichkeiten einer BNE:

  1. Schulen mit Ganztagsangeboten erleichtern die fächerübergreifende Arbeit in Schulprojekten und Arbeitsgemeinschaften. So werden neue Lernzugänge ermöglicht und lebensnahe Erfahrungen können gemacht werden.

  2. An Schulen mit Ganztagsangeboten findet häufig schon eine Kooperation mit außerschulischen Lernorten und Partner*innen statt.

  3. Auch ist hier eine aktive Gestaltung des Schullebens aller gefragt. In Schule geht es um mehr als den Erwerb fachlicher Kompetenzen. Schulen mit Ganztagsangeboten öffnen sich für soziales und interkulturelles Lernen, Beteiligung und Mitbestimmung – ganz im Sinne einer BNE (vgl. Hoffmann 2010, S. 45f.)

IDEEN ZUR UMSETZUNG

Wie könnte eine Bildung für nachhaltige Entwicklung an Ihrer Schule aussehen? Vielleicht ist BNE bereits fester Bestandteil Ihres Schulkonzepts, vielleicht stehen Sie aber auch an einem konzeptuellen Anfang und fragen sich, wie sich eine BNE überhaupt in Ihren Schulalltag integrieren lässt. Egal wo Sie stehen, eine Bildung für nachhaltige Entwicklung befindet sich fortwährend im Prozess und muss ständig neu reflektiert und an die gesellschaftlichen Anforderungen sowie die Bedürfnisse der Schüler*innen angepasst werden. Hier sehen Sie einige Ideen, die Sie eventuell auch in Ihrem Unterricht oder an Ihrer Schule umsetzen können:

Abb. 5: Umsetzungsideen einer BNE, eigene Darstellung


Ob das Lernen draußen im „grünen Klassenzimmer“, das Gärtnern im Schulgarten im Rahmen einer Nachmittags-AG, Planspiele im Geographieunterricht, Projekte durch Kooperationen mit außerschulischen Partner*innen oder eine Nachhaltigkeitsgruppe, die sich für eine nachhaltige Umgestaltung des Schulgebäudes einsetzt: die Ideen für eine Einbindung von BNE in den Unterricht oder das Ganztagsangebot sind so vielfältig wie kreativ und ermöglichen bei der Planung viel Handlungsspielraum. Schauen Sie doch am besten gemeinsam mit den Schüler*innen, in welchen Bereichen ein Angebot besonders gewünscht ist, und setzen Sie einen Startschuss.


WEITERE INFORMATIONEN UND LITERATURHINWEISE

Wenn Sie sich fragen, wie Sie BNE in Ihren Fachunterricht einbinden können und welche Verbindungen zu anderen Fächern bestehen, dann hilft Ihnen der Orientierungsrahmen für den Lernbereich globale Entwicklung weiter:

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)/Engagement Global gGmbH/Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) (Hrsg.) (2017): Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung - Kurzfassung. Bonn: Cornelsen.


Unterrichtsmaterialien, Angebote und Fortbildungen in Ihrer Region finden Sie online unter: Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen e.V. (Hrsg.) (o.J.): BNE Sachsen. Dresden: arche noVa. URL: www.bne-sachsen.de (Zugriff: 07.08.2020).


In der Sächsischen Landesstrategie Bildung für nachhaltige Entwicklung können Sie sich über die Umsetzung einer BNE in Sachsen informieren: Sächsisches Staatsministerium für Kultus (SMK) (Hrsg.) (2018): Sächsische Landesstrategie Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Dresden: griot communications.


LITERATURVERZEICHNIS

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)/Engagement Global gGmbH/Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) (Hrsg.) (2017): Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung - Kurzfassung. Bonn: Cornelsen. S. 8-10.


Deutsche UNESCO-Kommission e.V. (Hrsg.) (o.J.): UNESCO-Weltaktionsprogramm: Bildung für nachhaltige Entwicklung. Bonn. URL: https://www.bne-portal.de/de/einstieg/was-ist-bne (Zugriff: 24.07.2020).


Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen e.V. (Hrsg.) (o.J.): BNE Sachsen. Dresden: arche noVa. URL: www.bne-sachsen.de (Zugriff: 07.08.2020).


Haunss, S./Rucht, D./Sommer, M./Zajak, S. (2019): Fridays for Future. Profil, Entstehung und Perspektiven der Protestbewegung in Deutschland (Working papers, ipb working paper serien, 2/2019), Berlin: ipb, S. 2.


Hoffmann, S. (2010): Multiplikatorenausbildung „Bildung für nachhaltige Entwicklung an Ganztagsschulen“. In: kobra.net/Serviceagentur Ganztag (Hrsg.): Forum „GanzGut“: Professionalisierung für den Ganztag, 7. Ausgabe. Potsdam. S. 45-47.


Höhmann, K./Kamski, I./Schnetzer, T. (2006): Was ist eigentlich eine Ganztagsschule? Eine Informationsbroschüre für Eltern und Interessierte. In: Deutsche Kinder- und Jugendstiftung gemeinnützige GmbH (Hrsg.): Ideen für mehr! Ganztägig lernen. 6. Ausgabe. Berlin, S. 33- 34.


Sächsisches Staatsministerium für Kultus (SMK) (2019): Lehrplan Gymnasium Kunst. S.VII- VIII.


Sächsisches Staatsministerium für Kultus (SMK) (Hrsg.) (2018): Sächsische Landesstrategie Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Dresden: griot communications, S. 3-6.

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